Wie viel darf ein Wein kosten?
Um den Wert eines Weins dreht sich bei Michael Reuther alles, seit er den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt hat. Für den in der Pfalz sehr populären Literwein hat der promovierte Astronom über eine Online-Umfrage Daten gewonnen. Einen Tipp bei der Gestaltung ihrer Preisliste hat der 56-Jährige für Winzer.
Von Alexander Sperk
Wachenheim. Michael Reuther ist promovierter Astronom und kann auf 25 Jahre Erfahrung in der Industrie zurückblicken. Zuletzt gestaltete er im ABB-Konzern jahrelang als Global Pricing Manager die Preise und Rabatte für Produkte der Prozessleittechnik. Nach einer erneuten Restrukturierung entschied sich der Wachenheimer für den Schritt in die Selbstständigkeit. Seine Erfahrung bei der Preiskalkulation will er nun Winzern als Unternehmensberater mit Schwerpunkt Weinbau zur Verfügung stellen.
„Bei der Aufgabe ist es ein wenig wie in der Astronomie: Es gibt keine sauberen Daten und keine Experimente“, sagt er. Reuther stammt aus einer Weinbaufamilie, liefert Trauben an die Wachenheimer Winzergenossenschaft und sitzt dort im Aufsichtsrat. „Niemand kauft einen Wein wegen 13 Prozent Alkohol und sieben Gramm Säure“, sagt er.
Für den Winzer gelte es, eine Geschichte zu erzählen, zu vermitteln, was seinen Wein besonders mache und wie er sich damit von anderen Betrieben unterscheide. Dann sei es auch möglich, angemessene Preise für einen Wein zu erzielen. „Mein Ziel ist es, Winzer auf dem Weg zu einem einzigartigen, echten und enkeltauglichen Betrieb zu unterstützen.“ In den Blick genommen hat Reuther dazu unter anderem den in der Pfalz nicht nur für die Schorle beliebten Literwein. Dazu hat er eine Online-Umfrage gestartet, um zu erfahren, wie viel Geld Konsumenten bereit sind, für einen Liter Riesling zu bezahlen. Das Ergebnis: Viele der mehr als 100 Teilnehmer halten einen Preis von 6,50 Euro für angemessen. An der Mittelhaardt bewegen sich die Preise für den Literwein derzeit zwischen 4,20 Euro und 8,50 Euro. Die Umfrage sei allerdings nicht repräsentativ – es hätten viele weinaffine Bekannte mitgemacht, die bereit seien, mehr für einen Wein auszugeben als der Durchschnittskonsument, räumt Reuther ein.
Er hat in den vergangenen Monaten zahlreiche Weiterbildungen im Weinbereich absolviert, Kontakte geknüpft und Workshops angeboten, zuletzt zwei Online-Veranstaltungen zusammen mit dem Kompetenzzentrum Weinmarkt und Weinmarketing des DLR Rheinland-Pfalz. Auch erste kleinere Aufträge hat er an Land gezogen.
Winzer könnten mit simplen Mitteln ihren Verkaufserfolg steigern, ist er überzeugt: So rät er, eine Preisliste nicht mit dem Literwein zu beginnen, sondern ein „Schmuckstück“, einen besonders hochwertigen Wein, nach vorne zu stellen. „Im Autohaus stehen ja in der Regel auch die Top-Modelle vorne im Schaufenster.“ Auf seiner Website stellt der Wachenheimer kostenlose Tabellen bereit, mit denen Winzer selbst erste Preis- oder Rabattkalkulationen vornehmen können.
Doch ist der Wein in der Pfalz aus seiner Sicht zu billig? „Preis ist Angebot und Nachfrage“, will er sich nicht festlegen. In der Pfalz verfügten die Weingüter über eine vergleichsweise gute Größe und Kostenstruktur, die Weinberge seien gut zu bewirtschaften. Gerade die Literweine seien immer noch sehr günstig. Schwieriger sehe er die wirtschaftliche Situation der Winzer etwa in Württemberg. „Da hakt es bei so manchem Betrieb“, sagt Reuther, der auch als Verkoster für das Fachmagazin Vinum und als Qualitätsweinprüfer für die Landwirtschaftskammer arbeitet.
NOCH FRAGEN?
Weitere Infos unter erfolgreicherweinverkaufen.de oder per Mail an info@michaelreuther.de.
Quelle: Ausgabe “Die Rheinpfalz Bad Dürkheimer Zeitung – Nr. 291”, Freitag, den 15. Dezember 2023, Seite 14